Entwicklungspolitische Impulse bleiben aus

Erklärung der Deutsche Kommission Justitia et Pax zur Umsetzung des Cotonou-Abkommens zwischen EU und AKP-Staaten

Fast drei Jahre nach Unterzeichnung des Cotonou-Abkommens sind keine positiven entwicklungspolitischen Impulse in der Zusammenarbeit zwischen Europäischer Union (EU) und Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen- (AKP)-Staaten auszumachen.

Dies stellt die Deutsche Kommission Justitia et Pax in einer Erklärung fest, die sie anlässlich der fünften Paritätischen Parlamentarischen Vollversammlung der AKP-EU vom 31.03. - 3.04.2003 zur Umsetzung des Cotonou- Abkommens zwischen EU und AKP-Staaten veröffentlicht. Im Gegenteil ist der bürokratische Aufwand für die Bewilligung von Projektgeldern aus dem Entwicklungsfonds in den letzten Jahren vermehrt worden und für viele gesellschaftliche Initiativen undurchsichtig bzw. jenseits jeglicher Überwindbarkeit. Angesichts der wachsenden Not in vielen AKP-Staaten ist dies ein Skandal.

Auch die im Cotonou- Abkommen eingeforderte Partizipation der Zivilgesellschaft, die Voraussetzung zur wirksamen Armutsbekämpfung ist, wird behindert durch fehlende Anerkennung der Bedeutung zivilgesellschaftlicher Kräfte durch Regierungen und Intransparenz der innen- und außenpolitischen Regierungsarbeit vieler Länder. Zudem werden die großen Unterschiede zwischen den Zivilgesellschaften in den AKP-Staaten in der Förderpolitik zu wenig beachtet.

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax sieht sich bestärkt in ihrer Auffassung, dass es dringend einer prägenden Beteiligung des Europäischen Parlaments bei der Formulierung, der Umsetzung und der Bewertung der Entwicklungspolitik und der Entwicklungszusammenarbeit der EU bedarf.

Sie wendet sich an die Bundesregierung, die Abgeordneten des Bundestages und des Europäischen Parlamentes mit der Forderung, auf die Einhaltung der vereinbarten entwicklungspolitischen Ziele, die Ausgestaltung des partizipatorischen Konzeptes und die konsequente Umsetzung der armenorientierten Maßnahmen zu drängen.

Erhoffte entwicklungspolitische Impulse bleiben aus.

Erklärung zur Umsetzung des Cotonou-Abkommens zwischen Europäischer Union und AKP-Staaten vom 21.03.2003

In Kürze werden drei Jahre vergangen sein, seitdem am 23. Juni 2000 das Abkommen von Cotonou zwischen 77 AKP-Staaten und der EU unterzeichnet wurde. Dieses Abkommen steht in der Fortsetzung der fast 30-jährigen Entwicklungszusammenarbeit zwischen Europäischer Union und Staaten aus Afrika, der Karibik und des Pazifik. Es gilt als weltweit wichtigstes Kooperationsabkommen zur Entwicklungszusammenarbeit.

Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung pries das Fortsetzungsabkommen als positive Weiterentwicklung, weil Armutsbekämpfung als Zielorientierung stärker hervorgehoben, Partizipation der Zivilgesellschaft eingefordert und Beachtung der Menschenrechte sowie Good Governance als Handlungsmaximen der Regierungen verlangt werden.

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax gab zu dem Lomé- Folgevertrag im Mai 1999 und zu seiner Unterzeichnung im Juni 2000 Erklärungen ab, in denen sie bestimmte Erwartungen an die Umsetzung formulierte:

- Einbeziehung des EU-Parlamentes, - Armenorientierung der EU-Entwicklungspolitik, - Orientierung an Grundsätzen der ‚Good Governance‘, - Partizipation von Zivilgesellschaft im Süden, - Stärkung der kritischen Begleitung der EU-Politik durch EU- NRO.

Heute stellt sie fest, das die Umsetzung bisher mangelhaft fortschreitet bzw. noch nicht begonnen hat. So ist der bürokratische Aufwand für die Bewilligung von Projektgeldern aus dem Entwicklungsfonds in den letzten Jahren vermehrt worden und für viele zivilgesellschaftliche Initiativen undurchsichtig bzw. jenseits jeglicher Überwindbarkeit. Deshalb greift die Deutsche Kommission Justitia et Pax ihre damaligen Forderungen wieder auf, um eine zügige und stringente Umsetzung des Cotonou-Abkommens einzufordern.

Fast drei Jahre nach Unterzeichnung des Abkommens von Cotonou ist dieses immer noch nicht in Kraft getreten, weil seine Ratifikation durch mehrere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verzögert wurde und sie in Belgien sogar noch aussteht. Angesichts der wachsenden Not in vielen AKP-Staaten ist dies ein Skandal. Ebenso skandalös ist der schleppende Einsatz der Mittel aus den bisherigen Europäischen Entwicklungsfonds (EEF).

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax sieht hierin eine Bestärkung ihrer Auffassung, dass es dringend einer prägenden Beteiligung des Europäischen Parlaments bei der Formulierung, der Umsetzung und der Bewertung der Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit der EU bedarf. Entsprechend seiner Gesamtverantwortung für die europäische Politik muss auch die Finanzverantwortung für die Entwicklungszusammenarbeit der EU dem EU-Parlament übertragen werden. Hierzu gehört auch, dass die Berichterstattung über die Umsetzung an das Parlament gerichtet ist. Diese Kompetenzsteigerung ist umso dringlicher, da zu wünschen ist, dass mit der bevorstehenden Erweiterung der Gemeinschaft das EU- Parlament den Rahmen für die Einbeziehung der neuen EU- Mitgliedsstaaten in die entwicklungspolitische Zusammenarbeit bieten kann.

Sie wiederholt außerdem ihre feste Überzeugung, dass eine erfolgversprechende Weiterentwicklung der Kooperation zwischen EU- und der AKP-Gruppe nur möglich sein wird, wenn die Zielsetzung der Armutsbekämpfung absolute Priorität erhält. Die Erarbeitung entsprechender Konzepte wie z.B. die Länderstrategiepapiere (Country Strategy Papers - CSP) sollten in den Kontext der Armutsbekämpfungsstrategien im Rahmen der erweiterten Entschuldungsinitiative gestellt werden (Poverty-Reduction-Strategy-Papers - PRSP). Dabei muss auf Erreichtem aufgebaut werden. Erkannte Schwächen und Mängel müssen beseitigt werden. Dies gilt besonders für die Partizipation der Zivilgesellschaft, die für eine effiziente Armutsbekämpfung unerlässlich ist.

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax ruft bei dieser Gelegenheit in Erinnerung, dass sich aus den Artikeln 177 bis 178 des Vertrages von Nizza für die EU eine rechtliche Verpflichtung auf das Leitziel der Armutsbekämpfung in der Entwicklungszusammenarbeit ergibt.

Die grundsätzliche Anerkennung der Ziele einer armenorientierten Politik auch im Cotonou- Abkommen bedarf also jetzt praktischer Schritte der Umsetzung gemäß der unterschiedlichen Gegebenheiten der jeweiligen nationalen Zivilgesellschaft. Hierbei spielen die Kriterien guter Regierungsführung eine große Rolle. Regierungen sind verpflichtet, die Entwicklung zivilgesellschaftlicher Kräfte durch Einhaltung demokratischer Grundrechte zu fördern und durch Transparenz in der innen- und außenpolitischen Regierungsarbeit die Beteiligung der Zivilgesellschaft zu gewährleisten.

Die unverzichtbare Rolle zivilgesellschaftlicher Kräfte ist anzuerkennen, rechtlich abzusichern und ihre Partizipation in zielorientierten Schritten zu praktizieren. Nur so können jene Energien mobilisiert werden, die für eine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung unabdingbar sind. Eine solche Anerkennung muss sowohl von den AKP- Regierungen als auch von EU- Seite vorgenommen werden. Sie muss sich bei der Vergabe der Mittel aus dem Entwicklungsfonds niederschlagen.

Das Arbeitspapier der EU ‚Eligibility Criteria for Non-State-Actors - Access to Funding under the EDF‘ vom 11.12.02 (ACP/29/002/02 Rev.7) stellt Kriterien der Förderungswürdigkeit von Nicht-Staatlichen Akteuren (Non-State-Actors - NSA) für den EU-Entwicklungsfonds vor. Diese können nach Auffassung der Deutschen Kommission Justitia et Pax im besten Fall als Bewertungsgrundlage für starke und vielseitig ausgeprägte Zivilgesellschaften in AKP- Ländern gelten. Tatsächlich fallen allerdings viele wertvolle Initiativen aus der Bevölkerung, die sich nicht oder besser noch nicht in das vorgegebene Schema einfassen lassen, aus dem vorgegebenen Förderungsrahmen. Gerade solchen Initiativen müssen Startchancen eingeräumt werden. Darin liegt die Herausforderung für die EU-Entwicklungszusammenarbeit und die zukünftigen Förderungspolitik. Zur glaubhaften Förderung zivilgesellschaftlicher Diversität und Kompetenz bedarf es einer der jeweiligen nationalen oder regionalen Situation angepassten Anstoß- und Aufbauförderung bestehender Initiativen, für die ggf. nicht alle der genannten Kriterien erfüllbar sind.

Darüber hinaus vermisst die Deutschen Kommission Justitia et Pax bei dem vorliegenden Papier die Einbeziehung der international wirkenden und arbeitenden Nichtregierungsorganisationen (NRO) und anderer zivilgesellschaftlicher Einrichtungen in die Kanalisierung und Auswertung der Informationen über lokale ‚Grassroot‘-Initiativen. Solche oft verhältnismäßig wenig strukturierten aber basisorientierten Einrichtungen, die eine schwach ausgebildete Zivilgesellschaft hervorbringt, entsprechen nicht unbedingt und unmittelbar den Förderungskriterien, haben jedoch in der Vergangenheit ihre Effektivität und Effizienz gezeigt. Im Sinne von Transparenz und Schutz vor Missbrauch des Kompetenzanspruches ist eine entsprechende Zusammenarbeit erstrebenswert.

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax setzt darauf, dass staatliche und nicht-staatliche Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit die Zivilgesellschaften in den AKP-Staaten auf die neuen Zielausrichtungen des Kooperationsvertrages hinweisen und sie darin unterstützen, eine Beteiligung in der Umsetzung einzufordern. Dies ist umso mehr erforderlich, als die derzeit mit Priorität verhandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements- EPA) die genannten partizipatorischen Ansätze hintanstellen und vernachlässigen.

In diesem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass andererseits an die EPA der Anspruch voller Kompatibilität mit den Vereinbarungen der WTO gestellt wird. Dieses ist jedoch nur zu begrüßen, wenn die WTO die Versprechungen der Doha-Runde realisiert und die Armutsbekämpfung als absolut prioritäres Entscheidungskriterium in ihren Verhandlungen berücksichtigt.

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax fordert die Bundesregierung auf, sich der genannten Defizite anzunehmen. Gleichzeitig wendet sie sich an die Abgeordneten des Bundestages und des Europäischen Parlamentes mit der Bitte, auf die Einhaltung der vereinbarten entwicklungspolitischen Ziele, die Ausgestaltung des partizipatorischen Konzeptes und die konsequente Umsetzung der armenorientierten Maßnahmen zu drängen.

Sie wird auch künftig zu einer vertieften fachlichen Auseinandersetzung mit den entwicklungspolitischen Handlungschancen des Cotonou-Abkommens einladen und verfolgt dabei das Ziel, die armenorientierte Ausrichtung der Umsetzung des Vertrages zu stärken.

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