Deutsche Kommission Justitia et Pax
Vereinte Evangelische Mission
Watch Indonesia!
West-Papua-Netzwerk
Anlässlich der 57. Sitzung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf fordern Vertreter von Kirchen und NROs, die mit indonesischen Partnern eng verbunden sind, ein stärkeres Engagement der rot-grünen Bundesregierung hinsichtlich der Menschenrechtssituation in Indonesien.
In den letzten Wochen hat sich die Menschenrechtslage in Indonesien nochmals deutlich verschlechtert. Größten Anlass zur Sorge bieten die tätlichen Angriffe von Sicherheitskräften bzw. Milizen auf Menschenrechtsaktivisten und Mitarbeitern von internationalen humanitären Hilfs-organisationen.
Zwar wurde in einer Erklärung der EU am 29. März 2001 in Genf die Menschenrechtssituation in Indonesien angesprochen, auf konkrete Initiativen aber wurde verzichtet. Die kirchlichen Vertreter und Nichtregierungsorganisationen halten dies aufgrund der schweren und zahlreichen Menschen-rechtsverbrechen für unzureichend.
Daher rufen Vertreter von Kirchen und NROs die deutsche Regierung und die Regierungen der EU zu einer neuen aktiven Menschenrechtspolitik gegenüber Indonesien auf. Die demokratischen Kräfte in Indonesien werden nur dann gestärkt, wenn das Ausland unmissverständlich auf die Achtung der Menschenrechte und auf dialogische Problemlösungen drängt und Menschenrechtsverletzungen entschieden verurteilt.
Die Bundesregierung und die EU werden aufgerufen, auf die indonesische Regierung einzuwirken und Hilfe anzubieten mit folgenden Zielen:
1. das indonesische Militär einer stärkeren demokratischen Kontrolle zu unterstellen, die Militärpräsenz in den Krisenregionen Aceh und West Papua (Irian Jaya) zu reduzieren, damit weitere Menschenrechtsverletzungen unterbunden werden und das Vertrauen zwischen Regierung und Bevölkerung wiederhergestellt werden kann; frühere Menschenrechtsverletzungen der Armee endlich strafrechtlich zu verfolgen;
2. die Achtung der Menschenrechte grundlegend zu verbessern und internationalen Beobachtern freien Zutritt zu gewähren; Menschenrechtsaktivisten und Mitarbeitern humanitärer Organisationen wie auch Zeugen von Missbrauch staatlicher Gewalt wirksamen Schutz für Leib und Leben zu gewährleisten;
3. zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme Indonesiens die bestehenden Verwaltungsstrukturen zu reformieren und die Korruption zu bekämpfen, die bisher u.a. eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Indonesien verhindert hat;
4. ein unabhängiges Justizwesen aufzubauen, dessen Existenz
Voraussetzung für Aufbau von demokratischen Institutionen ist - Dazu
gehört auch die Forderung nach Errichtung des im Gesetz 26/2000
vorgesehenen Ad-Hoc-Menschenrechtsgerichtshofes.
Unterzeichner:
Deutsche Kommission Justitia et Pax, Bonn
Ansprechpartner : Dr. Daniel Bogner
Tel. 0228-103348
Vereinte Evangelische Mission Wuppertal
Ansprechpartner : Dr. Jochen Motte,
Tel. 0202- 89004168
Watch Indonesia! Berlin
Ansprechpartner : Dr. Monika Schlicher,
Tel. 030-69817938
West-Papua-Netzwerk, Wuppertal
Ansprechpartner : Dr. Siegfried Zöllner
Tel. 0202- 89004170
Hintergrundinformationen:
Zahlreiche einzelne Menschenrechtsverletzungen, die in den letzten Wochen vorgefallen sind, illustrieren die Notwendigkeit eines neuen Kurses in der Politik gegenüber Indonesien:
1. In Aceh bereiten sich die Sicherheitskräfte auf eine begrenzte
Militäroperation vor. Bereits drei zusätzliche Bataillone sind nach Aceh
verlegt worden. Die Anfang März 2001 - mit Zustimmung der Regierung in
Jakarta - angekündigte Operation hat zum Ziel, die separatistische
Bewegung militärisch zu zerschlagen. Der Konflikt hatte in den letzten
zwölf Monaten etwa 1000 Menschenleben gefordert - vor allem Zivilisten
-, nun droht die Gewalt ein neues Ausmaß zu erreichen. Kein Tag vergeht
ohne Morde, Brände und Entführungen. Besonders erschreckend ist, dass
Menschenrechtsaktivisten offenbar gezielt verfolgt werden. Im September
bezahlten Jaffar Siddiq Hamzar, Direktor des "Forums für Aceh", und der
angesehene Rektor des Religionswissenschaftlichen Instituts, Prof.
Safwan Idris, ihren Einsatz für Menschenrechte und eine friedliche
Lösung des Konfliktes mit dem Tod.
Das Henri-Dunant-Center, das im
Juni 2000 erfolgreich die sog. "Humanitäre Pause" für Aceh vermittelt
hatte, wird von der indonesischen Regierung ausgebootet. Mitglieder des
Centers wurden am 26. März zum wiederholten Male bedroht, am folgenden
Tag wurde das Büro des Monitoring Teams "Frieden durch Dialog" von zwei
Bataillonen der Sondereinheit Kostrad überfallen. Nur zwei Tage später,
am 29. März wurden drei Mitglieder dieses Teams hinterrücks ermordet.
2. Erstmals seit dem Rücktritt Suhartos sind wieder Personen wegen ihrer - gewaltfreien - politischen Betätigung vor Gericht gestellt worden. So muss M. Nazar aus Aceh wegen Volksverhetzung eine 10-monatige Haft verbüßen, während fünf Menschenrechtler in Wamena (West-Papua) am 10. März 2001 zu Strafen von 4 bis 4½ Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Sie hatten sich für die Unabhängigkeit der Provinz von Indonesien ausgesprochen. Während der Untersuchungshaft und während des laufenden Prozesses wurden sie z.T. gefoltert, um bestimmte, für Regierung und Polizei günstige Aussagen zu erzwingen.
3. In West Papua (Irian Jaya) wurde die Arbeit eines Untersuchungsausschusses der Nationalen Menschenrechtskommission (Komnas Ham) durch die örtlichen Behörden behindert. Im Dezember 2000 hatte die Polizei nach einem Überfall auf einen Polizeiposten in Abepura durch bislang nicht identifizierte Täter etwa 100 Zivilisten festgenommen, gefoltert und bei der Festnahme 3 Studenten erschossen bzw. zu Tode gefoltert. Der Fall wird zurzeit von Komnas Ham untersucht, trotzdem schüchtert die Polizei Studenten, die als Opfer und Zeugen aussagen, massiv ein. In Jakarta sitzen seit dem 1. Dezember 2000 vier Studenten aus West Papua gefangen, die mit anderen Kommilitonen vor der niederländischen und der US-amerikanischen Botschaft demonstriert hatten und dabei die Morgensternflagge, kulturelles Symbol der Papua-Identität, mitgeführt hatten. Ihnen soll der Prozess gemacht werden.
4. Fast sämtliche von Polizei, Militär und in deren Auftrag handelnden Milizen begangenen Menschenrechtsverletzungen blieben ungesühnt. Prozesse gegen mutmaßliche Täter im Fall Osttimors lassen auf sich warten. Die im Abkommen vom April 2000 erneut eingegangene vertragliche Verpflichtung zur Auflösung und Entwaffnung der Milizen in Westtimor wurde nur äußerst unzureichend angegangen.